11. Juli 2015 | Sontheim Heidenheimer Zeitung

SONTHEIM/BRENZ. Mobbing in sozialen Netzwerken – was jetzt Thema eines Theaterstücks an der Grund-, Werkreal-und Realschule war, ist inzwischen an vielen Schulen Realität. Mit dem Stück „Von Menschen und anderen Mäusen“ haben es sich zwei Theaterpädagoginnen zur Aufgabe gemacht, Jugendliche im Umgang mit den digitalen Medien zu stärken.

„Das ist nicht Theater, sondern schulische Realität“, sagt Schulsozialarbeiterin Uta Liegl zum Mobbing in sozialen Netzwerken. Der Umgang mit Facebook, Twitter und Co. ist auch bei den Sechsund Siebtklässlern der Werkrealschule, die das Theaterstück sahen, die Regel. Das wurde auf Nachfrage der beiden Theaterpädagoginnen Monika Wieder und Sarah Gros, die als Ensemble „Sakramo 3D“ in ganz Baden-Württemberg unterwegs sind, schnell klar. Fast alle meldeten sich auf die Frage, wer ein Facebook-Profil besitze. Dagegen hatte aber kaum einer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gelesen.

Am Beispiel von vier Jugendlichen, die das Internet auf völlig unterschiedliche Weise nutzen, machte das Duo auf lustige und spannende Weise auf die Vielfalt, aber besonders auch auf die Gefahren im Umgang mit digitalen Medien aufmerksam. Die Geschichte handelt von Tine und Lara, die über Facebook zu einem dubiosen Fotoshooting eingeladen werden, von Louis, der am eigenen Leib Cyber-Mobbing zu spüren bekommt und von Joe, der es versäumt, seinem von Mobbing betroffenen Freund zu helfen.

Abwechselnd schlüpften Gros und Wieder in die unterschiedlichen Rollen und regten die Jugendlichen an, über ihre eigene Rolle im Netz nachzudenken. Louis, dem der Schulalltag und das Mobbing durch Gleichaltrige über den Kopf wachsen, rettet sich in eine fiktive Welt aus Computerspielen und muss sich irgendwann mit der Frage seines Freundes Joe auseinandersetzen: „Sind Dir Deine Spielcharaktere wichtiger als Deine echten Freunde?“.

„Früher endete das Mobbing an der Haustür, heute kommt es mit Smartphone und Tablet bis unter die Bettdecke“, weiß die Aalenerin Gros. „Viele Kinder sind inzwischen rund um die Uhr online und verbringen ganze Nächte in sozialen Netzwerken“, ist auch die Erfahrung von Uta Liegl. Während bei den Jungs Imponiergehabe und die Frage „Wer ist stark, wer kann sich behaupten“ eine große Rolle spiele, gehe es bei den Mädels hauptsächlich darum, sich darzustellen.

Ein Thema, das auch im Theater aufgegriffen wird: Tine und Lara träumen vom Dasein im Scheinwerferlicht und sind Feuer und Flamme für ein Fotoshooting mit einem Unbekannten. Eine Naivität, die Schulsozialarbeiterin Liegl immer wieder erlebt. „Viele Mädels träumen davon, berühmt zu werden, können die Gefahren im Netz aber schlecht abschätzen.“

Das Ende des Theaterstücks blieb offen – und damit auch das Schicksal von Schülerin Tine beim Treffen mit dem Unbekannten. Ganz bewusst haben Sarah Gros und Monika Wieder auf ein Ende nach Drehbuch verzichtet – um den Schülern Raum für die freie Interpretation und Diskussion zu lassen und einen Anreiz für die anschließende Nachbereitung in der Klasse zu geben. „Mit dem Thema sind wir direkt an den Jugendlichen dran“, so Liegl. „Theater weckt Emotionen“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin und Mobbing funktioniere eben nur dann, wenn Gefühle abgestellt werden. Bei ihrer täglichen Arbeit als Schulsozialarbeiterin in Sontheim wird Liegl inzwischen ständig mit Cyber-Mobbing konfrontiert. Auch im Gespräch mit Kollegen werde ihr die Brisanz des Themas immer wieder aufs Neue bewusst.

Aktuelle Themen greift auch das Theaterduo „Sakramo 3D“ immer wieder auf: Von Essstörungen über Integration, Inklusion und Gewaltprävention reicht die Bandbreite des Ensembles, das neben der Sontheimer Schule am selben Tag auch die Giengener Bühlschule besuchte.